PHARE: Prototyp eines hochintegrierten skill-basierten embedded Feeders (Schwingförderer)
Die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung der Fertigungsprozesse sowie die Vernetzung der Lieferketten erfordern in Verbindung mit Konzepten, wie der produktgesteuerten Fertigung produktionstechnisch hoch integrierte und dennoch flexible Produktionsanlagen. Die Modularisierung des Produktionssystems gilt als ein Lösungsansatz für diese Herausforderung. Nach der Modularisierung der Bearbeitungssysteme erfolgt zukünftig die Modularisierung der Materialflusssysteme, um auf Basis eines vollvernetzten Netzwerks interoperabler Automatisierungskomponenten noch kürzere Time-to-Market Zyklen und eine kosteneffiziente Umsetzung zu ermöglichen. In heutigen Produktionssystemen kommen eine Vielzahl von Förder- und Zuführsystemen wie z.B. Gurtbandförderer, Rollen- und Kleinförderbänder als Komponenten für die Sortierung, Förderung und Bereitstellung von Produktbauteilen zum Einsatz. Speziell Schwingfördersysteme behaupten seit vielen Jahrzehnten ihren festen Platz in der Industrie und stellen eine unverzichtbare Baugruppe für automatisierte Prozesse dar. Bisher sind diese Förder- und Zuführsysteme in den allermeisten Fällen nicht in die übergeordneten Steuerungsprozesse eingebunden und werden autonom über einfache Stellglieder wie Potentiometer oft manuell gesteuert. Hinsichtlich ihrer zukünftigen Rolle als vernetzte und aktive Komponenten in einem Produktionssystem steigen die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an diese Systeme insbesondere bei der Inbetriebnahme, Wartung oder Fehlerbehebung signifikant. Diese Anforderungen lassen sich zukünftig nicht mehr effizient ohne intelligente Regelung und vernetzte Kommunikation der Komponenten erfüllen. In Folge dessen verstärkt sich in einem hoch preissensiblen internationalen Markt der Kundenwunsch nach kompakten, energieeffizienten und vor allem einfach zu integrierenden Systemen.
Im ZIM-Projekt PHARE beschäftigen sich die Projektpartner Afag GmbH und inIT daher mit dem Projektziel einer prototypischen Entwicklung eines hochintegrierten und skill-basierten embedded Feeders (eingebetteter Schwingförderer), der eigenständig - d.h. von zentralen MES-Systemen und Netzwerkverbindungen unabhängig - sicher über mobile Endgeräte identifiziert, konfiguriert und gewartet, sowie selbst als aktiver Teil eines IIoT-Fertigungssystems eingesetzt werden kann. Durch die angestrebte Entwicklung kann dieser durch Afag betriebsfertig - d.h. durch ausführbare Grundfunktionen (Skills) zur Konfiguration und Steuerung - produziert und an Kunden ausgeliefert werden. Der Systemintegrator oder Betreiber einer Anlage kann somit die Komponente schlüsselfertig in seine Anlage integrieren, konfigurieren und in Betrieb nehmen (Plug & Produce). Im Wartungs- oder Fehlerfall können durch die direkten Interaktionsmöglichkeiten mit der Komponente im Idealfall Stillstandzeiten minimiert werden.
Für die prototypische Realisierung des hochintegrierten Schwingförderers muss die - im Vergleich zur konventionellen Ausführung der Komponente - bisher außerhalb verortete Leistungs- und Steuerungselektronik einschließlich der notwendigen Steckverbindungen und Bedienelemente in die Komponente integriert werden. Die daraus resultierende hohe Integrationsdichte erfordert neue Lösungen für den Aufbau und das Wärmemanagement der integrierten Elektronik. Zur Konfiguration und steuerungstechnischen Integration wird auf Basis eines OPC-UA- und skill-basierten Steuerungskonzepts des DEVEKOS-Projektes aufgesetzt. Die sichere Identifikation und Kommunikation mit der Komponente zu Initialisierungszwecken an oft schwer zugänglichen Stellen im Feld wird über ein handelsübliches mobiles Endgerät via Bluetooth/WLAN realisiert. Für die deterministische und echtzeitfähige Kommunikation wird eine Lösung auf Basis von Time Sensitive Networking (TSN) erarbeitet.