Unter dem Motto „Detmold wird digital“ hatte die Stadt begleitend zu ihren Digitalisierungsprojekten zur Vortragsreihe geladen. Sie sollte auf Vorstellungen, Befürchtungen und Ideen zum digitalen Wandel eingehen. Wegen der Corona-Pandemie wurde sie abgesagt. Einige Themen der Reihe hat sich die LZ herausgesucht und mit den vorgesehenen Referenten gesprochen. So hatte sich Arne Neumann von der Technischen Hochschule OWL die neueste Entwicklungsstufe des Mobilfunks, 5G, zum Thema gemacht.
„Mobilfunk-Kommunikation ist für unsere heutige Welt sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich unverzichtbar“ heißt es in der Ankündigung zu Ihrem Vortrag. Wie kommt da 5G ins Spiel?
ARNE NEUMANN: Die drahtlose, digitale Telefonie entwickelt sich seit den 80er Jahren rasant weiter. Während die Handys moderner und zunächst immer kleiner gestaltet wurden, ist auch der Anspruch an ein schnelleres Netz gestiegen. Schritt für Schritt ist dabei die mobile Datenübertragung immer mehr in den Fokus gerückt. Mit der vierten Generation sind Mobiltelefone vollständig internetfähig geworden, eine weltweite Vernetzung ist mittlerweile Standard. 5G schließt neben dem menschlichen Nutzer auch Maschinen oder Anlagen, das sogenannte „Internet of Things“, ein. Das stellt neue Anforderungen an das Netz, vor allem an Verlässlichkeit und Verzögerungsfreiheit.
Wenn Sie von einem Austausch zwischen Mensch und Maschine sprechen – bedeutet das, dass 5G in erster Linie interessanter für Unternehmen als für Privatleute ist?
NEUMANN: Schon die vierte Generation erfüllt mit ihrer Netzabdeckung und Geschwindigkeit so gut wie alle Bedürfnisse des Privatkunden und bietet zum Beispiel für mobiles Streaming eine ausreichende Datenrate. Schaut man sich aber in den Unternehmen um, stößt man immer wieder auf das Thema Industrie 4.0. Wertschöpfungsketten müssen flexibler gestaltet, Verzögerungszeiten minimiert und der Austausch zwischen Mensch und Maschine vorangetrieben werden. Ein digitaler und automatisierter Arbeitsablauf ist die Grundlage flexibler Produktionsprozesse, auch um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
In welchen Bereichen sehen Sie 5G als Chance?
NEUMANN: Telemedizin ist ein wichtiges Stichwort. Durch die Übertragung von Daten in Echtzeit wird trotz räumlicher Trennung medizinische Hilfe schneller möglich, beispielsweise auch dadurch, dass ein Notarzt schneller durch den Verkehr geleitet werden kann. Andere Bereiche sind das autonome Fahren, Virtual Reality oder Smart Homes.
Es heißt oft, Deutschland hinkt im Bereich Vernetzung hinterher...
NEUMANN: Sicherlich ist Europa in Sachen Digitalisierung nicht mehr federführend. Ein großes Potenzial sehe ich dennoch in unseren mittelständisch geprägten Unternehmen mit ihrem am Weltmarkt gefragten Know-how, deren Innovationskraft durch Vernetzung und Digitalisierung auf eine neue Stufe gehoben werden kann. Für eine flächendeckende Nutzung, auch hier in Lippe, muss natürlich dennoch einiges passieren. Dazu gehört auch, zunächst die Anzahl der Sendemasten zu erhöhen. Umso erfreulicher ist, dass der Kreis Lippe bereits Fördergelder für ein erstes Konzept erhalten hat.
Beschleunigung des Klimawandels, Datenabgriff, Gesundheitsgefährdung – es gibt teils massive Kritik am Netzausbau. Können Sie die nachvollziehen?
NEUMANN: Natürlich sollte man Kritik immer ernst nehmen. Dennoch muss man sagen, dass sich zum Beispiel in Bezug auf die Sicherheit von Daten und die Strahlenbelastung nicht allzuviel im Gegensatz zu 4G ändert. Ein dicht am Körper getragenes Smartphone beispielsweise belastet mehr als ein Funkmast. Eine Gefahr des Datenabgriffs war durch die Vernetzung schon immer gegeben, und im Grunde genommen obliegt es erst einmal jedem selbst, inwieweit er Vernetzungstechnologien für sichnutzen möchte. Allerdings helfen technische Weiterentwicklungen dabei, Sicherheitslücken zu schließen und Risiken zu reduzieren. Meines Erachtens nach können wir nicht bei der alten Technologie stehenbleiben.
Das Interview führte LZ-Volontärin Lorraine Brinkmann.